Seit ich meinen Garten habe, genieße ich es sehr, die Jahreszeiten und ihren Wechsel intensiv mitzuerleben. Die Wissenschaft der Phänologie befasst sich gerade mit diesem Thema. Sie untersucht die periodisch wiederkehrenden Erscheinungen der Natur wie etwa den Beginn der Kirschblüte und anderer Bio-Indikatoren. Aufzeichnungsreihen über Jahre oder Jahrzehnte zeigen, ob und in welchem Maße sich Klimaveränderungen auf die Entwicklung von Pflanzen aber auch Wildtieren auswirken. Damit ist die Phänologie – in Zeiten der Klimaveränderung – zu einer wichtigen Disziplin geworden.
Als Laien bezeichnen wir die unterschiedlichen Erscheinungsformen als Jahreszeiten: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Doch in der Phänologie werden unsere Jahreszeiten in Mitteleuropa präziser eingeteilt. Es gibt zehn phänologische Jahreszeiten. Diese stelle ich nun anhand meines Gartens und den Beobachtungen 2021, die ich mit der Kamera festhalten konnte, vor.
Winter – Zeit der Vegetationsruhe
Im Jänner hat es auch in meinem Garten etwas geschneit.
Obwohl es zwar Anfang Februar nicht richtig winterlich ist, ruht die Vegetation. Noch.
Erstfrühling – erste Aktivitäten von Pflanzen
Gegen Ende Februar blühen die Schneeglöckchen. Man spürt an Sonnentagen bereits die Kraft der Sonne.
Anfang März blüht der Haselstrauch. Keine gute Nachricht für Pollenallergiker.
Der Zaunkönig singt. Er steckt sein Revier ab und sucht nach einer passenden Partnerin.
Ab Mitte März beginnen weitere Frühlingsgeophyten, gemeinhin als Blumenzwiebeln bekannt, zu blühen: Krokusse, Netz-Iris.
Der Garten ist im Vorfühling noch braun. Nur aus nächster Nähe sind die Farbtupfen zu erkennen. Auch die ersten Blütenbesucher stellen sich ein: Mistbiene – eine Schwebfliegenart, Gehörnte Mauerbiene, Tagpfauenauge. Noch mehr Pflanzen und Wildtiere gibt es hier zu entdecken.
Erstfrühling – Beginn der Blüte früher Obst- und Wildgehölze
Der Mandelbaum blüht. Und kurz später folgen Marillenblüte, Kirschblüte, Schlehenblüte.
Die Forsythie bildet mit dem Duft-Veilchen einen attraktiven Gelb-Blau-Farbkontrast.
Balkan-Anemone und Gelb-Anemone blühen.
Eine Hummelkönigin besucht die Blüte einer Stinkenden Nieswurz.
Ein Ölkäfer, auch Maiwurm genannt, ist bereits unterwegs.
Die Amsel genießt das Bad.
Andere Vögel wie die Grasmücke und der Stieglitz genießen die warmen Frühlingsstrahlen der Sonne.
Himmelschlüssel und Traubenhyazinthe duften mit ihren Blüten um die Wette und locken so Blütenbesucher an.
Vollfrühling – Ende der Obstblüte
Nun blühen noch Weichsel, Apfel und Himbeere. Der Frühling geht zu Ende. Der Garten erscheint nun in saftigem Grün.
Frühblühende Stauden wie die Vielfarben-Wolfsmilch und Zypressen-Wolfsmilch locken mit ihren Blüten diverse Blütengäste an. Einige Wildtiere – wie diese Weichkäfer –halten bereits Hochzeit.
Ich entdecke erstmals eine Narzissenschwebfliege in meinem Garten. Die Larven des Maiwurms warten auf ein geeignetes Wildbienen-Taxi, das sie in ihre neue Behausung bringt. Der erste Bläuling ist zu beobachten.
Frühsommer – bunt und üppig
Binnen kurzer Zeit hat die Vegetation ordentlich an Masse zugelegt. Viele heimische Wildblumen stehen in Blüte. Es ist Frühsommer.
Immer mehr Wildbienen sind zu beobachten.
Gegen Ende Juni ernte ich meine Erbsen.
Der Wundklee beginnt schon abzublühen. Eine Hummel labt sich am Nektar.
Hochsommer – die Steppe blüht
Anfang Juli blühen Labkraut, Skabiosen-Flockenblume, Kugeldistel, Königskerze und viele mehr. Reich gedeckter Tisch für viele Wildbienen, Käfer, Schmetterlinge und andere Insekten. Nach der Sommersonnenwende beginnen bereits viele pannonische Wildpflanzen ihre Fruchtstände auszubilden. Der Steppengarten färbt sich von bunt zu braun.
Die Vögel sind dankbar für die große Wasserschale. Es wird gebadet und getrunken. Hausrotschwanz (links) und junge Bachstelze (rechts) kommen nun oft an die Wasserstelle. Auch Wespen und Bienen nutzen das Wasserangebot.
Auch eine scheue Fasanenhenne kommt in den Hof zum Trinken.
In der Nacht zirpen die Grillen und die Leuchtkäfer leuchten. Im Spätsommer singen auch die Weinhähnchen im Weinviertel.
Ende Juli steht bereits die Marillenernte an. Heuer gibt es seine gute Ernte, da kein Spätfrost aufgetreten ist. Der Garten wir zusehends braun.
Spätsommer – Geschäftigkeit überall
Eine Hornissen-Schwebfliege oder Wald-Schwebfliege tummelt sich erstmals in meinem Garten herum. Bläulinge paaren sich. Unterdessen ist die Garten-Wollbiene mit dem Anlegen ihrer Brutzellen beschäftigt. Sie werden aus Pflanzenhaaren gebildet und sehen aus wie Wattebausche.
Die Mehlschwalben sammeln sich. Nicht mehr lange, und es geht wieder Richtung Süden.
Rainfarn und Pastinak blühen.
Frühherbst – Energie tanken, Kräfte mobilisieren
Die Blühaspekte werden immer weniger im Steppengarten.
Die letzte Generation der nicht überwinternden Schmetterlinge und Holzbienen genießt die angenehme Jahreszeit.
Vollherbst – Zeit der Weinlese
Anfang Oktober findet die Weinlese statt. Es ist frisch geworden. Heuer war die Weinlese deutlich später als in den vorangegangenen Jahren. Doch eigentlich war es heuer so, wie es laut der Weinbauern sein soll.
Ich pflanze die Blumenzwiebeln.
Noch sind viele Bäume belaubt. Doch die ersten Fröste haben das Bild im Garten deutlich verändert. Bald herrscht wieder Vegetationsruhe.
Ende Oktober ist es im Garten ruhig geworden. An warmen Tagen fliegen noch einige Bienen und Wanderfalter wie der Admiral.
Hausrotschwanz und Bachstelze sind noch da. Aber wenn es kälter wird, werden sie in wärmere Gefilde abziehen. Die Meisen sind nun regelmäßig zu sehen.
Das Leben in vollen Zügen genießen
Seit ich meinen Garten habe, erlebe ich die Jahreszeiten viel intensiver als davor. Denn hier kann ich die Veränderungen der Natur hautnah beobachten. Es ist jedes Mal von neuem faszinierend. Es ist eine Freude, ein wunderbares Erlebnis. Es macht mich einfach glücklich.