Meine kleine Samenbank.
Wie ich bereits im Blogbeitrag „Frühsommer im Weinviertler Nützlingsgarten“ berichtete, hatte und habe ich heuer eine Mäuseplage. Davon war die gesamte Region betroffen. Und so schafften es die kleinen Wühler auch in zahlreiche Medienberichte.
Die kleinen Wühlmäuse sind auf der Hut.
Manche werden jedoch zunehmend unvorsichtig.
Grundsätzlich mag ich Mäuse sehr. Sie sehen putzig aus. Und auch Mäuse gehören zum Ökosystem Garten. Aber was zu viel ist, ist zu viel. Und das war es heuer definitiv. Doch da ich ein positiv denkender Mensch bin, kann ich sogar dieser Wühlmauskatastrophe zwei positive Aspekte abgewinnen.
Aspekt 1: Ein neuer Gartenmitbewohner
Mein Ehemann Bernd hat die Entdeckung in unserem Keller gemacht. Hier das Video von unserem Mauswiesel. Leider nicht von guter Qualität, aber der Beweis für unserer kleines Raubtier.
Aufgrund des günstigen Nahrungsangebotes, es herrschen Zustände wie im Schlaraffenland, lebt nun ein Mauswiesel im Garten. Mustela nivalis, wie das flinke Raubtier wissenschaftlich genannt wird. Es ist das kleinste Raubtier der Welt. Und seine Beute sind vor allem Mäuse. In meinem Buch habe ich auch über das possierliche Raubtierchen geschrieben. Es ist so klein, dass es auch in ein Mauseloch passt. Super! Nun hoffe ich, dass die Plage bald ein Ende hat.
Aspekt 2: Platz für neue Wildblumen
Im Frühsommer 2011 dominierten noch ruderale Wildblumen wie Klatsch-Mohn, Stauden-Lein und Wiesen-Margeriten die Steppe.
Der unermessliche Appetit, den die Mäuschen an den Tag gelegt haben, sowie ihr Nestbautrieb, haben dazu geführt, dass mein Steppengarten kahl ist. Es gibt teilweise fast 2 Quadratmeter große Kahlstellen wo nichts ist. Nur noch nackte Erde. Endlich die Chance wieder mehr Blühaspekte in die gräserdominante Steppe zu bringen. Denn über die Jahre haben sich die konkurrenzstarken Gräser immer mehr Fläche erobert. Die kurzlebigen Wildblumen wie die annuellen Ruderalpflanzen Klatsch-Mohn und Strahlensame und die Biennen wie Wilde-Möhre und Muskateller-Salbei sind kaum noch vorhanden. Und auch dauerhafte Wildstauden sind verschwunden.
Bereits 2016 prägen die Gräser das Erscheinungsbild meiner Steppe. Hier steht das Büschel-Haargras, Stipa capillata, im Vordergrund. Die Blühaspekte von Königskerze, Stockrose und Co. treten in den Hintergrund.
Die Neuansaat
Glücklicherweise habe ich auch immer wieder Saatgut im Garten und bei Gartenbesuchen gesammelt. So besitze ich eine eigene kleine feine Samenbank. Doch nicht alle Arten, die mein Herz höher schlagen lassen, sind hier vertreten. Und so konnte ich endlich wieder einmal in Saatgutlisten von Wildsaatgutanbietern schmökern. Was für eine Freude. Rund 50 Arten sind auf der Bestellliste gelandet. Und Ende September habe ich die heiß begehrten Samentüten erhalten.
Jede Art ist in einem Einzelsäckchen abgepackt.
Nun ist die Saatgutmischung fertig. Los geht’s!
Anfang Oktober habe ich dann das Wildsaatgut mit meinen rund 50 Arten zusammengemischt und auf den bewuchsfreien, aufgelockerten und feuchten Boden gestreut. Anschließend habe ich das Saatgut etwas eingerecht. Fertig.
1. Boden vor der Bearbeitung.
2. Moos und abgestorbene Pflanzenteile entfernen.
3. Boden etwas lockern.
4. Saatgut aufbringen.
5. Saatgutdichte auf Boden
2-3 g/m² reichen völlig.
6. Saatgut etwas einrechen. Fertig!
Warten, warten, warten…
Je nach Art, keimen manche Samen sofort oder auch erst nach dem Winter bzw. Frost. Und wieder andere haben eine Keimhemmung und kommen möglicherweise erst in einigen Jahren zur Keimung. Das ist bei Wildpflanzen normal und gehört zu ihrer Lebensstrategie.
Nun ist Geduld angesagt. Denn erst im kommenden Frühjahr wird sich zeigen, was vielleicht wieder in einem Bauch gelandet ist und was nicht. Aber mein Optimismus ist groß, dass es keimen, wachsen und blühen wird. Das ist aus meiner Sicht das wirklich nachhaltige Wachstum: Pflanzenwachstum.
Tipps für das eigene Ansaat-Projekt
Ansaatzeitpunkt
Optimale Saatzeitpunkte sind Herbst und Frühjahr. Ich bevorzuge den Herbst, da es dann sicher ausreichend feucht ist. Und Kaltkeimer, die Frost brauchen, sicher keimen.
Individualmischung oder Fertigmischung?
Ich beschäftige mich seit Jahren sehr intensiv mit der Zusammensetzung von Saatgutmischungen. Während meiner Tätigkeit als Universitäts-Assistentin an der BOKU durfte ich das Sammelteam des Botanischen Gartens Wien einige Male bei Sammelfahrten begleiten. Besonders Barbara Knickmann hat mir hier viel vermittelt. Auch besuchte ich einen Workshop an der BOKU, organisiert von Kew Gardens anlässlich des Millenium-Seedbank-Projekts. Das war sehr informativ.
Sammelfahrt ins Burgenland im August 2011. In Naturschutzgebieten dürfen auch Samen nur mit einer Sammelgenehmigung gesammelt werden. Alles andere ist verboten.
Die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Obwohl die Pflanzen bereits im blühenden Zustand gesichtet wurden. Monate später ist es nicht immer leicht die Samenstände zu finden.
Es wird nicht wahllos gesammelt, was so zu finden ist. Sondern es gibt eine Liste mit Zielarten, die für wissenschaftliche Zwecke benötigt werden. Nach dieser Liste werden gezielt Arten gesucht.
Die Wildblumen unserer Trockenrasengesellschaften, können nicht mit hochgezüchteten Beetblumen konkurrieren. Doch gerade ihre natürliche Schönheit bezaubert mich.
Die Großkopf-Woll-Kratzdistel, Cirsium eriophorum, ist von besonderer Schönheit. Wie so viele Disteln und distelähnliche Pflanzenarten, liebe ich diese elegant-filigranen Pflanzen.
Die Sand-Strohblume, Helichrysum arenarium, braucht sandig-trockene Böden. Sonst ist sie zu konkurrenzschwach, und wird von anderen Pflanzen verdrängt.
Und ich hatte auch das Glück bei James Hitchmough 3 Wochen lang in Sheffield seine Arbeitsweise zur Erstellung von Saatgutmischungen zu erlernen. Er hat schon viele Projekte, vor allem in Großbritannien umgesetzt. Beispiele: Olympic Park in London, Sheffield Botanic Gardens oder die Steppe in Wisley. In seinem Buch „Sowing Beauty“ kann dazu nachgelesen werden. Wer über weniger Fachwissen verfügt, ist mit einer fertigen Mischung einer Saatgutfirma gut beraten. Manche stellen auch Individualmischungen passend für den Boden zusammen. Denn wichtig ist: Die Mischung muss für den Standort passen. Licht-, Feuchteverhältnisse, Bodentyp etc. spielen eine wichtige Rolle.
Als ich James Hitchmough in Sheffield besuchte, erprobte er gerade Südafrikanische Arten. Diese eignen sich aus James Sicht für das Klima Mittelengland, wo Sheffield liegt.
Auf diversen Flächen, verstreut in Sheffield, legt James seine Versuchsflächen an. Zuerst werden einzelne Arten und ihre Keimfähigkeit erprobt. Dann Pflanzengemeinschaften.
Diese Südafrikanischen Schönheiten sind mir unbekannt. Aber ihr einzigartiges Farbspektrum hat große Ausstrahlungskraft.
James erzählt Sandra, einer Auslandsstudentin und mir, wie er diese Prärie-Ansaat geplant und umgesetzt hat.
Diese Prärie-Ansaat besteht schon seit mehreren Jahren. Sie funktioniert und wird nur 1 mal im Jahr abgebrannt.
Auch in meinem Buch habe ich das Thema der Ansaat beschrieben sowie Bezugsquellen angeführt.
Gutes Gelingen!
Saatgutquellen
Möchte man heimisches Wildsaatgut kaufen, gibt es die REWISA-Website. REWISA ist ein Verein für Regionale Wildpflanzen und Samen in Österreich. Auf seiner Website findet man diverse Anbieter. Auch von Wildpflanzen. Selber sammeln ist in Österreich erlaubt, mit Ausnahme von Schutzgebieten. In Deutschland und der Schweiz ist die Gesetzeslage strenger. Bitte das zu beachten. Daher eher auf Saatgutanbieter zurückgreifen.
Natürlich werde ich im kommenden Jahr berichten, was aus meinem Ansaat-Projekt geworden ist.
Hier ein paar Bilder, von den Arten in meiner Individualmischung:
Fotos, 1. Reihe, von oben links nach rechts: Purpur-Königskerze, Verbascum phoeniceum; Pannonischer Goldlack, Erysimum odoratum; Klatsch-Mohn, Papaver rhoeas;
Fotos, 2. Reihe, von links nach rechts: Gelb-Lein, Linum flavum mit Quirl-Salbei, Salvia verticillata; Moschus-Malve, Malva moschata; Garten-Rittersporn, Delphinium ajacis.
Wer genauere Informationen zu den Pflanzen wissen möchte, dem empfehle ich die Website Botanik im Bild.